BIERZAUBERERS Haberdashery No. 13: OK Boomer / Aus dem Arbeitsleben

Unsere Arbeitswelt hat sich zusammen mit der digitalen Revolution und der Globalisierung in den letzten zwanzig Jahren rasant gewandelt. Wobei es schwierig wird, hier Ursache und Wirkung zu erkennen. Auf jeden Fall sind die Zeiten vorbei, in der die meisten von uns, wie in unserer Elterngeneration, ein ganzes Leben lang einem Arbeitgeber, maximal zweien, die Treue hielten. Das, was man früher nur aus den USA kannte, diese Flexibilität bei der Arbeitssuche, ist mittlerweile fast schon Standard, zumindest gefordert, und auch zumindest bei den Jüngeren.

Das muss man nicht zwangsläufig positiv sehen. Genau wie einige andere Entwicklungen im Fahrwasser der o.g. Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. Wenn man sich so umhört im Freundes- und Bekanntenkreis, dann gibt es einen einheitlichen Tenor: Es macht zunehmend weniger Freude.
Gehetztes Arbeitsklima, mangelnde Wertschätzung, kurzfristige Arbeitsverträge, Mobbing, Controller mit Zahlenfetischismus, es gibt viele Schlagworte dazu. Meist negative. Genau so wie es zahlreiche Empfehlungen gibt, wie man ein toxisches Arbeitsklima erkennen und bekämpfen kann. Z.B. Am hohen Krankenstand, hoher Fluktuation, innerer Kündigung bei vielen Mitarbeitern, etc. Es wäre so leicht, aber warum wird es so selten gemacht? Weil es niemanden mehr interessiert, eventuell? Oder weil es gar nicht so schlecht ist, ältere und länger dienende Mitarbeiter rauszuekeln, um sich an den Jüngeren schadlos zu halten.

Denn Interesse wecken wollen die Firmen dann andererseits auf den einschlägigen, digitalen Job-Plattformen mit Stellenanzeigen, die so formuliert sind, dass sich mir die Zehennägel aufrollen. Halt, nein, in Denglisch… with Job Descriptions that make me puke.

Beispiele gefällig: Die neuen Employees sollen Leads generieren, sei ein Game Changer, um voll dedicated die Brand Awareness für das innovative Portfolio zu raisen, du (niemals Sie!) brennen für ihren Future Employer (Geht‘s noch?), um auch beim digital Onboarding engaged zu sein und natürlich effektivst zu communicaten, dem strategischen Plan zu followen, ausserdem to nurture, grow and lead relationships mit relevanten Partnern, immer mit der Possibillity, bei genügend positivem Input zum Key Account Manager oder gar zum Associate aufzusteigen.

Und das alles für Salaries, die sogar ohne Inflationsbereinigung unter dem liegen, was man als Berufseinsteiger vor 25 Jahren bekam. Und natürlich nur mit befristetem Vertrag, heutzutage.

So sorry…

Da kann man nur froh sein, wenn die eigene berufliche Laufbahn bereits in den Orbit eingeschwenkt ist und man sich diesen sozialen und sprachlichen Mist nicht mehr antun muss.

Die Millennials tun mir leid.

OK, Boomer!

Bierzauberers Haberdashery Nr. 12: Über Aluhüte und Idioten

Diesmal geht es um die grassierend erodierende Diskussionskultur, und beileibe nicht nur in den sozialen Medien. Mir ist aufgefallen, dass in letzter Zeit – oder habe ich das nur vorher nicht bemerkt?- Leute ihre mehr oder weniger guten Argumente immer mehr mit irgendwelchen völlig absurden Unterstellungen untermauern wollen.
Nach dem Motto: Ich habe recht, und wenn du mir nicht zustimmst, dann ist dies das Ende der (wahlweise) Demokratie/Meinungsfreiheit/Toleranz.
Beispiele gefällig:
Ein Gesetz wird erlassen, über Verhaltensweisen bei der Hundehaltung, Hundeführung, Hundegassigehen, in der Öffentlichkeit. Gesetze über Hunde tragen ja leider immer den Keim der Ungerechtigkeit in sich, weil letzten Endes die Hunde immer das Ausbaden müssen, was ihre dummen Herrchen/Frauchen angestellt haben. Meist durch das beharrliche Ignorieren bereits vorhandener, oftmals vernünftiger Regelungen. Gegen Gesetze zu protestieren ist natürlich legitim. Aber wenn man gleich beim ersten Protest, also zu Beginn einer eventuellen Diskussion, die Behauptung mitliefert, man würde ja sowieso ignoriert werden, und das sei dem Meinungsterror geschuldet, und das Ende der Demokratie sei nahe, dann ist das einfach nur dämlich. Wer so argumentiert, will ja gar keine offene Diskussion, sondern nur rumjammern….
Noch ein Beispiel: Impfen.
Ich hatte vor einigen Tagen eine (aufgezwungene) Diskussion mit einer Dame, die sich im weiteren Verlauf nicht nur als Impfgegnerin, sondern als totale Impfignorantin herausstellte. Ihrer Meinung nach vergifte die ganze Impferei die Bevölkerung und brächte Millionen und Abermillionen Behinderte und Kranke hervor. Mein Einwand, dass man das bitte nicht so Schwarz-Weiß sehen sollte, schließlich hätte die medizinische Wissenschaft in den letzten 250 Jahren durch Impfungen doch Millionen Menschenleben gerettet, brachte die Dame so auf die Palme, dass sie mich anschrie, woraufhin ich ihr anbot, die Diskussion zu beenden. Ihre dreißig Jahre Amateur-Impfforschung (unbewiesene Behauptung) wogen für sie mehr als dreihundert Jahre medizinisch-wissenschaftlicher Fortschritt.
Amüsant sind dagegen schon beinahe die verzweifelten Versuche der Raucher, nicht völlig ins gesellschaftliche Abseits gedrängt zu werden. Anstatt sich einfach in eine stille Ecke zu verziehen und dort in Ruhe die letzten Zigaretten zu schmauchen, wird auch der – mittlerweile weltweit erfolgreiche- Nichtraucherschutz zum Meinungsterror hochstilisiert. Wenn es keine Sachargumente mehr gibt, wird halt polemisiert. Vernunftentscheidungen werden dann von den Unvernünftigen mit (Meinungs-)Diktatur gleichgesetzt.

Daher erlaube ich mir die pikant-süffisante Frage: Sollte man dummen Menschen wirklich eine Diktatur/ resp. Faschismus als Regierungsform wünschen? Das, was sie selbst offenbar gerne hätten, obwohl sie wahrscheinlich überhaupt keine Ahnung haben, wie das in der Realität aussähe. Natürlich nicht, denn wir wissen alle aus historischer Erfahrung, wie schwer man das wieder los wird. Hundescheisse am Schuh ist nichts dagegen.
Also werden wir wohl oder übel dumme Menschen als Kollateralschaden unserer offenen, toleranten Gesellschaft akzeptieren müssen. Ist wirklich das kleinere Übel. Und eines, dem man meist auch aus dem Weg gehen kann. Man darf, man kann, aber man muss mit Idioten ja zum Glück nicht diskutieren.